China 03.12. – 09.12.2004

Hier war eine recht ereignisreiche Woche. Wir haben die Vorbereitungen für mein Arbeitsvisum abgeschlossen. Der Arbeitsvertrag ist von allen Seiten unterschrieben. Am Freitag war ich auf dem Reise-Gesundheitsamt zur körperlichen Untersuchung. Das war eine rechte Massendurchschleusung. Jeder für längere Zeit nach China einreist und auch, wer ausreist muß so eine Untersuchung über sich ergehen lassen. Es ist Blut abgenommen worden und auf einige Infektionskrankheiten untersucht werden. Da muß man den Arm durch eine Durchreiche strecken, die Schwestern sitzen auf der anderen Seite. Es lief alles hygienisch einwandfrei. Danach wurde der Bauch untersucht. Aber nicht, wie ich es gelernt habe geklopft und gedrückt, sondern nur mit dem Ultraschall gescannt. Ich konnte nicht auf den Bildschirm sehen, denke aber, Leber, Gallenblase, Nieren war alles was sie dargestellt hat. Die Milz-Loge hat sie nicht geschallt. Das ging sehr schnell, vielleicht trotzdem effektiver als klopfen und drücken. Eigenartig ist es schon, wenn die ganze Schlange hinter einem steht und zuschaut. Die nächste Position war das EKG. Auch da bin ich Schlange gestanden, man hat mich aber herausgezogen, ich bekam das EKG von einer anderen Ärztin gemacht. Sie hat mich noch auf englisch gefragt, was ich hier mache. Danach war auf dem Laufzettel angekreuzt, dass auch Haut und Lymphknoten unauffällig sind. Haut hat sie ja etwas gesehen, aber nicht Rücken oder Ellbogen, die immer wichtige Positionen sind. Lymphknotenstationen hat sie keine getastet. Danach wurde der Thorax geröntgt und zum Schluss war ich noch beim HNO, der auch noch den Visus getestet hat. Auch da hat wieder die ganze Schlange zugeschaut. Der Doktor hat mir irgendwie imponiert. Er kam bei der ganzen Untersuchung ohne reden aus. Zum Visus Testen musste er auch nicht an eine Schautafel, sondern hat einen Leuchtkasten am Tisch gehabt, da hat er auf die verschieden gedrehten E gezeigt, an der Wand war ein Spiegel, da musste man es erkennen. Ich habe lange gegrübelt, ob er die Zeichen nach der gleichen Richtung sieht wie ich, oder ob einer umdenken muß. Ich habe gespickt, es ist alles simpel. – Gekostet hat die ganzen Untersuchung glaube ich 24 EUR, für Chinesen sehr teuer. Das Ergebnis gab’s diese Woche Dienstag, ein mickriger Zettel, auf dem steht, dass alles in Ordnung ist.

Danach wollten wir das Zertifikat für auswärtige Experten ausstellen lassen, die chinesische Arbeitserlaubnis. Ich bekam es aber noch nicht, weil der Vertrag noch nicht fertig war.  – Meine Visum-Verlängerung für diesen Aufenthalt habe ich bekommen.

Am Dienstag war der Vertrag fertig, ich bekam mein Gesundheitszeugnis und das Experten-Zertifikat. Es ist doch etwas mehr als nur die Arbeitserlaubnis, es ist auch noch die Erlaubnis, Geld umzutauschen. Mit dem ganzen haben wir mein Arbeits-Visum beantragt, am Montag kann ich es holen. Ich habe mehrfache Einreise beantragt, was mit gut 80 EUR schon relativ teuer ist, so kann ich aber zwischendurch auch mal nach Hongkong, vielleicht muß ich mal nach Amerika, vielleicht leiste ich mir auch einen Heimflug zwischendurch.

modern Chinese theatreDas war das Offizielle. Am Samstag war ich mit ein paar Kollegen gut Mittag essen (eingeladen). Danach wollte ich ja unbedingt eine chinesische Oper sehen. Da mussten sie sich erst erkundigen. Dann hieß es, wir können gleich los. Wir sind mit dem Bus in die Stadt gefahren, mussten dann ein paar Mal nach dem Theater fragen. Man hat uns auch gesagt, dass es für Fremde teurer ist als für Einheimische. Wie wir dann ankamen hat es schon angefangen, und wir mussten gar keinen Eintritt zahlen, war mir auch recht (ich musste die beiden Studenten als Begleiter sowieso einladen). Das war dann zwar nicht so das, was ich mir erwartet habe, sondern so ein modernes Theater. Wie wir kamen hat gerade der Alte einen sehr eindrucksvollen Monolog gesungen. Die Figur hat mir insgesamt sehr imponiert, während die anderen alle recht steif gewirkt haben. – Danach haben mir die Studenten erzählt, worum es ging. Das fand ich dann schon recht zwiespältig. Der Alte war im Dorf immer sehr angesehen und ein rechtschaffener Mann. Seine Enkelin hat auf der Schule die Regeln des Marxismus erklärt bekommen und sich gewundert, dass das nicht mit dem übereinstimmt, was der gute Opa sagt. Da hat sie an die höchsten Stellen einen Brief geschrieben und gefragt, wie das kommt. So hat man dort erfahren, dass sich der Alte regelwidrig verhält und lies ihn verhaften. Die ganze Bevölkerung hat zu dem Alten gehalten, der hat aber eingesehen, dass man sich an die Regeln des Marxismus halten muß und er die Gesetze übertreten hat. Da ist er dann freiwillig mit der Polizei mitgegangen und ist so doch noch ein guter Marxist geworden. – Die Studenten fanden da gar nichts besonders dabei. Ich habe auch noch einmal wiederholt, wie ich ihren Bericht verstanden habe, das stimmt schon so.

Shopping at Wuhou temple - Jingli LuDie Studenten haben sich noch erkundigt, wo es dir richtige Sichuan Oper gibt. Das war dann für den Sonntag. Wir sind wieder mit dem Bus zum Wohou Tempel gefahren und kamen in eine nachgebaute historische Straße. Sehr schön, da will ich noch einmal hin; die Preise waren touristisch übertrieben. Für die Sichuan-Oper muß man horrende 30 Yuan (knapp 3 EUR) Eintritt zum Museum und Park zahlen. Und außerdem haben die Leute außerhalb noch nicht einmal sagen können, was bei der Oper gespielt Stage in Wuhou templewird. Wir hatten dann zuerst gedacht, wir zahlen den Eintritt nur für einen, und der erkundigt sich dann innen, ob es die berühmten wechselnden Gesichter gibt. Falls ja, kommen die anderen nach, sonst kommt der eine wieder zurück. Dann haben wir uns aber für eine noch billigere Lösung entschieden: wir haben jemanden, der sowieso hineingeht gebeten sich für uns zu erkundigen und es uns dann über den Zaun zu sagen. Es gab die wechselnden Gesichter,Sichuan opera und so habe ich die dreimal Eintritt investiert. Die Oper ist im Teehaus, man darf sie nur ansehen, wenn man auch einen Tee kauft, der da schon auch überteuert ist. Oper ist auch nicht, was wir uns vorstellen, ein langes Stück mit durchgehender Handlung, es ist eher ca. eine Stunde Varieté. Ich hatte so etwas schon einmal gesehen,  habe aber gedacht, das ist da für ausländische Touristen zusammengeschnitten. Changing facesEs hat mir auch dieses Mal wieder gut gefallen, verschiedene Tänze, die verschiedenen Möglichkeiten, den Tee einzuschenken und natürlich die wechselnden Gesichter. Das ist das Spezielle und der Höhepunkt bei jeder Sichuan-Oper. Der Darsteller hat eine Maske auf, dann schaut er einmal kurz zur Seite, wedelt einmal kurz mit dem Fächer vor dem Gesicht oder schlenkert mit dem weiten Mantel, und schon hat er ein ganz anderes Gesicht. Da gibt es so fünf bis sieben Wechsel. Es ist immer sehr überraschend und verblüffend. Ich habe wirklich noch nie gesehen, wie sich die Maske bewegt, oder wo sie hinverschwindet. – ModeratorDer Moderator hat aber am Meisten Schmunzeln hervorgerufen. Er sah schon so Moik-ähnlich aus und hat noch dazu einen ganz unmöglich Neon-Orangen Anzug angehabt. Und dann hat er irgendwann noch zum Singen angefangen, dabei stand er genauso steif da, wie auf dem Bild. Man hat sich schon fast in den Musikanten-Stadel versetzt gefühlt.

Am Sonntag hatte ich aber auch noch mehr Programm. Student theatre Am Abend war eine Preisverleihung an die besten Studenten des Jahrgangs. Da war ich als Ehrengast dann auch eingeladen. Ich wollte mich wie gewohnt irgendwo in den Hintergrund setzen, die Platzanweiserin hat mich aber in die erste Reihe in die Mitte gesetzt. Ich hatte mir insgesamt etwas sehr trockenes vorgestellt in so einem sozialistischen Staat. Die Studenten haben aber Theater gespielt, gesungen und getanzt – zum richtigen lateinamerikanischen Tango hat es schon noch recht weit gefehlt, ich Latin American Dancinghätte es aber noch nicht einmal so gekonnt. Die Kleidung fand ich für China schon gewagt. Die eigentliche Auszeichnung war dann eine rechte Reihenabfertigung, de Reihe nach ein Händedruck vom Institutsdirektor und dann bekamen alle von der Assistentin vom Stapel so ein rotes Täfelchen in die Hand gedrückt.High rank students
Zum Schluß mussten auch noch die Honoratioren auf die Bühne und sich ablichten lassen, ich auch.
Wie wir dann hinausgingen hat es recht geknattert, das waren die Luftballons.

orangesNikolaus-Tag war auch diese Woche. Da gab’s auch hier Mandarinen. Das Timing war zwar nur Zufall, gepasst hat es trotzdem. Im Land der Mandarine hat man dann aber nicht nur ein oder zwei Mandarinen, sondern für die ganze Abteilung (mit Studenten) gab es vier Kartoffelsäcke voll. Bis Mittwoch war der erste auch fast leer. Ich habe auch fleißig zugegriffen und auch welche nach Hause genommen. Heute hat man mir eine Einkaufstüte mit bestimmt 10kg in die Hand gedrückt. Ich habe heute schon mehr als ein Dutzend Mandarinen gegessen, und man sieht es der Tüte nicht an.

Nächste Woche Mittwoch fliege ich nach Shanghai, treffe mich da mit einer früheren Gastwissenschaftlerin und halte ein Seminar.

Posted on: 9. December 2004Manfred Maitz