China 04.03. – 10.03.2005

Es ist schon wieder ist eine Woche um, der Starkbieranstich ist schon wieder eine Woche her. Die Zeit vergeht rasend schnell hier.

Hier kehrt so langsam aber sicher auch ein Alltag ein. Am Samstag habe ich in meiner neuen Wohnung meine Unterwäsche und Socken gewaschen. Es ging schon viel Dreck heraus. Ich rede mir nun ein, dass der alles aus den Socken kam. Am Sonntag war ich nicht in der neuen Wohnung, und wie ich am Montag früh einmal hineingeschaut habe, stand die Tür weit offen und die Wohnung war neu gestrichen. Da war ich schon überrascht, dass das so schnell geht. Nun ist sie himmelblau. Eigentlich, zum Geld sparen, wollte ich ja nur, dass das große Zimmer gestrichen wird. Es ist aber alles gestrichen, sogar der Balkon. Für die anderen Räume außer dem großen Zimmer wurde anscheinend die Farbe mehr verdünnt. Mir ist’s auch recht, das speckig abgegriffene sieht man jedenfalls nicht mehr. Ich bin mir ja nicht sicher, ob vorher grundiert wurde, manchmal habe ich das Gefühl, dass es unter der Farbe weißer durchschimmert, als die Wand ursprünglich war.

Heute habe ich auch Telephonanschluß bekommen, das ging sehr schnell. Hat knapp 15 Euros gekostet. Da ich ja noch kein normales Telephon habe, habe ich mir in der Mittagspause schnell eines gekauft. So was gibt es hier am Uni-Campus. Es hat noch nicht mal 2 Euros gekostet. Ich wollte es dann auch gleich probieren, das ging aber noch nicht. Ich habe zwar den Anschluß, aber noch keine Telephonsteckdose; das Kabel endet einfach mit zwei Kupferdrähten. Das ist aber ein kleines Problem. Meine Telephonnummer weiß ich noch nicht, die wissen auch die Kollegen nicht, die das alles organisiert haben. Wenn ich das Telephon dann richtig am Laufen habe, muß ich irgendeine Handy-Nummer anrufen, dann erscheine meine Telephonnummer im Display. Wie die Abrechnung läuft, weiß ich auch noch nicht, werde es aber schon noch lernen. – Das schnelle Internet dauert dann noch ungefähr eine Woche. Es kostet dann um 10 Euro im Monat, das schnellste ist so schnell wie unser langsamstes DSL. Ich werde das wohl nehmen, sonst läuft das Internet-Telephon nicht recht. Normales Telephonieren ins Ausland finde ich sehr teuer. Auch hier gibt es billige Nummern, da kommt die Minute aber immer noch auf knapp 25 Cent. Die Differenz zwischen den beiden DSL-Tarifen hat sich mit 10 Minuten Telephonieren schon gerechnet.

Letzten Samstag war ich nach dem Wäsche waschen noch in der Stadt, wollte nichts kaufen nur ein bisschen herumlaufen. Das Gockel-Bild habe ich mir auch wieder angeschaut, es ist noch da. Der Laden ist wie immer abgesperrt. Der Künstler hält es anscheinend selbst für ein Meisterwerk, zumindest hat er einen Flyer drucken lassen, und da ist es auch drauf. Unten ist wo ein Loch hineingestoßen. Vielleicht würde man es billiger bekommen. Ich glaube, ich muß da doch mal Studenten engagieren und nachfragen.

Children in renmin park ChengduDanach war ich recht lange im Volkspark. Da war ich vorher auch noch nicht. Es war nichts so besonderes zu sehen, einfach ein gemütlicher Platz, wo man sich etwas ausruhen kann. Man kann den Kleinkindern beim Goldfische-Fangen zusehen – normal schwimmen die Goldfische ja immer da hin, wo Leute sind, weil sie da gefüttert werden, hier schwimmen sie aber so weit weg, wie es nur geht.  Children in Renmin Park ChengduAuch töpfern tun die Kinder recht leidenschaftlich. Drachensteigen lassen ist dagegen eher etwas für Erwachsene. Sie rücken da zum Teil mit einer großen Auswahl Drachen an und wählen dann je nach den aktuellen Windbedingungen aus. Flying kitesDer Mann hat auch extra Handschuhe an, damit die Schnur nicht die Finger aufschneidet, und die Spindel ist auch solider als bei uns. Passanten geben fachkundige Ratschläge. Es sind aber alles Drachen im Stil, wie wir sie auch haben, nicht wie der an meiner Decke in Dresden oder der vom Schwesterl. So etwas würde ich schon auch mal gerne fliegen sehen. In Shanghai habe ich gesehen, dass die verkauft werden.

Singing in Renmin Parc ChengduInteressant fand ich es auch, wie viel hier Karaoke gesungen wird. Es gibt da einen sehr schönen überdachten Laubengang mit Sitzgelegenheit links und rechts. Da waren wirklich im Abstand von 5-10 Metern vier Stellen, wo man mit Lautsprecherverstärkung singen kann. Einmal kam die Musik dazu von Band oder CD, sonst waren es richtige kleine Kapellen, einmal sogar mit Dirigent. Manche Zuschauer fanden das auch so motivierend, dass sie dazu getanzt haben.Singing in Renmin Parc Chengdu

Am Sonntag war ich zuerst im Büro und habe meine heutige Vorlesung fertig gemacht (da es heute nur recht langsam voran ging, bin ich nun schon fast eine Woche im Voraus). Dann hat es mich aber doch gereizt hinauszugehen. zuerst bin ich zum Bahnhof gefahren und habe geschaut, ob ich da durchblicke. Viel zum Durchblicken gibt es da aber nicht. Am Bahnhof kann man nur abfahren oder ankommen. Die Tickets werden an vielen Stellen außerhalb (auch im Uni-Gelände) verkauft. Man kann den Bahnhof nur mit gültigem Ticket betreten und auch nur relativ kurz vor der Abfahrt des Zuges. Ich habe sogar einen Sicherheits-Check mit Metalldetektor gesehen. Bei der Zahl Chinesen, die immer mit dem Zug fährt ist das sicher auch sinnvoll. Viele Chinesen stehen/ sitzen/ liegen vor dem Bahnhof und warten, dass ihr Zug auch aufgerufen oder angezeigt wird.

Ich bin dann noch so etwas durch das Bahnhofsviertel gegangen. Es ist sehr „anständig“, zumindest kam es mir so vor, und man braucht keinen Sittenverfall fürchten wie Frankfurt oder München. Es ist aber ein recht billiges Einkaufsviertel. Zum einen habe ich da die meisten Schuhgeschäfte von Chengdu gesehen, zum anderen gibt es auch Märkte mit dem ganzen Kleinkram, was man zur Haushalts-Ausstattung braucht, von Besen zu Schüsseln und Kochtöpfen. Das ist schon mal gut zu wissen.

Dann wollte ich mal wieder gut essen und dachte ich mir, ich probiere mal was aus, was Mama aus dem Merian-Heft abgeschrieben hat. Zwei Gasthäuser müssen recht nah beieinander im Zentrum sein, vielleicht sind es auch eher Hotels. Auf jeden Fall ist ein Enten-Restaurant, das auf meinem Stadtplan steht, auch nicht so weit weg. Das wird es auf jeden Fall noch geben. Ich bin da also losmarschiert und prompt bin ich am Wenshu Tempel vorbei gekommen, den ich noch nicht angeschaut habe. Da konnte ich nicht einfach vorbei gehen, habe meine 50 Cent Eintritt bezahlt und bin hinein. So viel zu sehen gab es aber nicht, das meiste war (schon) zugesperrt. Einen schönen Garten gibt es, den habe ich mir angeschaut. Ein Teehaus gab es auch. Im einfachen Fall, so wie da, sind das bei denen die Biergärten. Und es gab ein „vegetarisches Haus“. Zuerst bin ich da vorbei gegangen. Es ist ein Gasthaus, das vom Kloster geführt wird in recht alter Tradition mit viel Gemüse, vegetarisch halt. Die ganze Zeit den Entenbraten im Kopf, wollte ich zuerst ja nicht am Sonntag vegetarisch essen. Es hat mich aber doch gereizt, traditionell und buddhistische Klosterküche zu essen. Ich bin hinein, man hat mich auch gleich an einen freien Tisch geführt (draußen, es war schön warm und ich hatte nur meine Cordjacke an). Die Speisekarte war zweisprachig und bei weitem nicht so vegetarisch, wie wir uns das vorstellen. Es war alles sehr fein zubereitet und gewürzt und hat wunderbar geschmeckt. Der Bambussprossen-Salat da war schon beinahe so fein wie der Spargelsalat daheim. Da muß ich schon noch mal hin. Mit einer Armenspeisung hat es jedenfalls nichts zu tun, weder vom Geschmack, noch vom Preis her.

Flowers - SpringtimeJa, hier zieht nun wirklich mit Macht der Frühling ein. Die Wintersachen kann man wegpacken. Die Vögel zwitschern in der Früh. Bäume und Sträucher, die Weiden bekommen neues Grün. Ich würde Euch ja gerne noch mehr Frühlingsstimmung schicken. Leider geht es mit meinem Photoapparat nicht so gut. Zum einen wirken die kleinen grünen Spitzen eh nicht so toll. Dann habe ich ja keine dicke Jacke mehr an, wo ich die Kamera einfach in der Tasche hatte. Mit der großen Tasche am Gürtel laufe ich nicht ganz so gern rum. Und außerdem ist der kaputte Batterie-Deckel schon ärgerlich und man kann so gar nicht viel anfangen. Die Batterien fallen ständig heraus. Damit die Kamera überhaupt etwas macht, muß man den Deckel wirklich fest drücken, was nicht so einfach ist, weil das einzige ordentliche Widerlager ist der Auslöseknopf. Und schließlich vergisst die Kamera oft Datum und Bildnummer, so dass die Bilder ganz ungeordnet abgelegt werden. Ich denke, ich werde mir hier doch noch eine neue kleine billige Digitalkamera für Schnappschüsse zulegen.

Seit Freitag letzter Woche sind meine Zellkulturen aus Amerika unterwegs, seit Montag stecken sie im Zoll. Am Dienstag war Frauentag, die weiblichen Mitarbeiter hatten frei (es war wunderbar ruhig im Institut) und haben den Papierkram dazu einfach liegen lassen. Am Mittwoch kamen sie dann zu mir und hatten Fragen zur Spezifikation der Zellen. Da habe ich gesehen, dass die Zettel zweisprachig sind und habe sie selber ausgefüllt. Obwohl ich gewaltigen Druck gemacht habe, hat man erst irgendwann am Nachmittag den Zoll angerufen und weiteres gefragt. Die Dokumente müssen alle im Original hingeschickt werden, Fax reicht nicht. Das will man „morgen“ machen, also schon gut zwei Tage Verzögerung bei uns. Das wird noch eine lange Geschichte, bis die Zellen endlich da sind. Nun ist jemand, der im Gesundheitsministerium den Import genehmigen muß auf einer Konferenz und kommt erst in ein paar Tagen wieder. Einen Stellvertreter gibt es nicht. Wenn die Zellen ankommen, immerhin einige hundert USD, werde ich sie nur noch wegwerfen können. Noch dazu ärgerlich ist, dass der Versender aus Amerika extra geschrieben hat, dass manche Länder eine Einreisegenehmigung verlangen; nach China haben sie noch nicht geschickt, wir sollen uns erkundigen. Das habe ich Huang Nan gesagt, und der hat gemeint, wenn die Zellen an der Grenze sind, werden wir alles tun, damit sie so schnell wie möglich rüber kommen. Da hätte ich mehr Druck machen müssen, wenn die Zellen an der Grenze sind, ist es fast schon zu spät mit den Bemühungen. So war ich diese Woche ziemlich angespannt und ungenießbar.

Posted on: 10. March 2005Manfred Maitz