China 15.04. – 21.04.2005

Ich glaube, der Scheck aus Amerika ist noch immer nicht eingelöst, weiß es aber nicht sicher. Spätestens zum Monatsende werde ich da doch echt Druck machen müssen. Ich will den ausgehandelten Anteil nun wirklich in die Hand bekommen, sonst muß ich schon eher zurück.

Die Papstwahl habe ich auch aufmerksam verfolgt, das Ergebnis konnte ich aber nun nicht in Echtzeit mitbekommen. Wie am Montag und nach den ersten Runden am Dienstag schwarzer Rauch aufgestiegen ist, habe ich ja gedacht, nun ist der Ratzinger draußen. Am Mittwoch früh habe ich dann gleich wieder die Nachrichten im Internet gelesen und war überrascht und habe mich gefreut, dass er es doch geworden ist. Ich finde es jetzt ja nicht das aufregendste Wahlergebnis (ein Südamerikaner, oder sogar ein Schwarzafrikaner wäre was wirklich mutiges), aber wahrscheinlich ist es wirklich eine weise Wahl. Mich freut es, dass unser frühere Erzbischof und Regensburger Professor (zu meiner Zeit stand er noch im Vorlesungsverzeichnis für Doktorandenseminare, Ort und Zeit nach Vereinbarung) nun Papst ist. Auf den Bildern wirkt er für mich noch gar nicht so richtig päpstlich. Da stört es mich schon, dass er noch nicht mal 24 Stunden nach seiner Wahl gleich so ein schlechtes Echo in der Presse bekommt; als Glaubenswächter und Großinquisitor hatte er andere Aufgaben und Schwerpunkte als jetzt. Wie er sich macht, muß man erst sehen. Nach dem vorherigen Papst kann man ja auch niemanden nehmen, der dessen Werk gleich völlig über den Haufen werfen würde; wahrscheinlich würde das auch keiner machen.

Nun habe ich hier eine ziemlich volle Woche, auch an den Abenden. Der Montag Abend ist frei. Dienstag und Freitag habe ich Chinesisch Unterricht (erst ab dieser Woche zweimal), Donnerstag habe ich erst meine Vorlesung, danach ist die Deutschrunde. Da will ich schon immer hingehen, weniger, weil es mir so um das Deutsch geht, die Studenten sind sehr engagiert, und es ist eine nette Atmosphäre. Seit kurzem gibt es auch noch eine englische Diskussionsrunde in unserer Abteilung. Das ist nun am Mittwoch. Studenten und ein Lehrer wollen ihre englische Sprachfähigkeit verbessern und haben mich gebeten, dass wir da eine Diskussionsrunde machen. Ich habe nicht viel vorzubereiten, muß aber da sein und Talkmaster spielen.

Die Studenten und Kollegen sind ja aber auch immer sehr engagiert und motiviert und zeigen mir am Wochenende viel. Es ist für sie auch eine Gelegenheit, mehr zu sehen und herumzukommen. Sie meinen sowieso, ich kenne Chengdu schon besser als sie. – Die eine Deutschlehrerin hatte mir ja von einem chinesischen Theater /Teehaus erzählt, das authentischer ist als die Sichuan-Oper, die ich im letzten Jahr gesehen hatte. Voriges Wochenende hatte ich es nicht gefunden, dann bin ich mit dem Stadtplan zu ihr gegangen und habe sie gefragt, wo es genau ist. Ich wäre dieses Wochenende ja erst alleine hingegangen, aber zwei Studenten wollten mich begleiten. Das war auch gut, sie haben mir die Handlung schon noch erklären können. Zuerst waren wir aber noch in einem Park. In dem war ich aber schon mal kurz vor oder nach dem chinesischen Neujahrsfest. Nun war aber alles frischer und grüner. Dann haben wir eine kleine Fähr-Schiffahrt auf einem der Flüsse von Chengdu gemacht. So viel zu sehen gab es da aber nicht. Wir waren noch kurz in einem anderen Park, der wird aber erst neu angelegt, so dass er nicht so toll war. Nach einem kleinen Mittagessen sind wir dann zum Theater gefahren.High officer, who neglected his wife Es ist das gleiche Gebäude, in dem ich damals das moderne Theater gesehen hatte. Da ist noch ein Teehaus mit Bühne, und da war es. Der Eintritt hat 15 Yuan pro Person gekostet (also etwa 1.30 Eur); Tee gab es dazu kostenlos. Das Stück muß sehr bekannt sein, die Studenten haben es mir jedenfalls gleich erzählt, wie sie nur den Titel gehört haben. Es geht um einen Mann, der die Staatsprüfungen abgelegt hat (dabei von seiner Frau durchgefüttert wurde) und so ein hoher Regierungsbeamter in der Stadt wurde. Da gab es vor, er wäre nicht verheiratet.High officer and his wife Er war so angesehen, dass er sogar die Prinzessin geheiratet hat und so als Bigamist gelebt hat. Seine richtige Frau hat ihn gesucht und in dieser Stelle gefunden. Er hat sie aber verleugnet und gesagt, er kenne sie nicht. Auch seine beiden Kinder (die haben immer sehr naiv geschaut) hat er verleugnet. Frau und Kinder wurden vom Hof weggeschickt und zogen heim.

The killerDer Mann hat aber sogar noch einen Killer auf sie angesetzt, der sie dann in einem Tempel gefunden hat. Es war richtig spannend, wild mit dem Schwert gefuchtelt. Die Frau hat lang auf ihn eingeredet und ihn angefleht. Diese Rede wäre sicher interessant gewesen, war aber leider für mich nicht zu verstehen. Jedenfalls hatte sie Erfolg. Der Killer hat ihr zum einen sein Jacketle als Beweismittel gegeben.the killer gives his coat to the wife Außerdem, da er so unerledigter Dinge ja nicht zurück kann, hat er sich selbst die Gurgel durchgeschnitten.

Judge and the wifeMit Fräckle und Schwert als Beweismittel sind sie dann zum Richter gezogen und haben den anscheinend auch überzeugen können. Der Richter hat sich dann auch mit dem Ehemann unterhalten und ihn mit den Beweisgegenständen konfrontiert,Judge discussing with high official worauf der hohe Regierungsbeamte recht böse reagiert hat.

Es hat aber nichts geholfen. Er wurde seines Amtes enthoben, musste seine Dienstkleidung ablegen.High official has to remove his dress Judge discussing with high officialEinige Fürsprecher, diese zweite Frau und deren Mutter und noch ein paar andere Zeugen traten auf.Mother in law and second wife Das ist wieder etwas, was ich nicht so recht verstanden habe. Auf alle Fälle hat er nichts genützt, er wurde enthauptet. – So ganz sicher bin ich mir dabei allerdings nicht. Es sah da im Theater schon ein bisschen so aus wie das Finale der Dreigroschenoper. Wahrscheinlich habe ich es aber nur nicht richtig verstanden. Sie konnten ihm ja nicht wirklich den Kopf abschneiden.

the high official gets executed

Danach war das Theater aus und alle sind gegangen. Es sind nicht alle Darsteller noch einmal gekommen, dass man Beifall spenden konnte, viele Vorhänge und wund geklatschte Hände. – Insgesamt hat die Oper drei Stunden gedauert; Pause gab es keine, außer mal etwa 3 Minuten zum Umräumen. Recht laut gesungen haben sie und das Orchester war auch laut. Ich fand die Vorstellung aber unheimlich gut, auch die beiden Studenten waren begeistert. Das war nicht auf Show gemacht, sondern echt. Da will ich schon noch ein paar mal hin, so lange ich da bin. Die Homepage mit noch mehr Bildern ist inzwischen leider tot.

Die Deutschlehrerin hat mich heute aber schon auf den Deutschen Papst angesprochen. Da war sie sehr schnell, das hatte ich nicht erwartet. Sie wollte auch wissen, warum sich die Päpste immer einen anderen Namen geben. Da ich es kurz vorher im Internet gelesen habe, konnte ich es gut erklären. – Gespannt bin ich schon, wie sich der Ratzinger gegenüber China verhält. Eigentlich kann ich es mir nicht vorstellen, dass er da weich wird, das kommunistische China statt des demokratischen Taiwans anerkennt, weil es ja inzwischen alle so machen…

Posted on: 21. April 2005Manfred Maitz