China 22.04. – 28.04.2005

Es war aber recht ruhig in dieser Woche, Photos habe ich die ganze Woche keine gemacht. Da habe ich das letzte Mal mein ganzes viel Pulver verschossen. Das Theater war aber schon unglaublich schön. Ich muß da schon mal wieder hin, will es aber mit Maß und Ziel genießen.

Letztes Wochenende hatte ich nicht viel unternommen. Am Samstag war ich am neuen Campus. Ein Student, zu dem ich mich damals bei der Deutschen Woche an den Tisch gesetzt habe, hat mich eingeladen und wird direkt lästig. Nun bin ich da also am Nachmittag hingefahren. Es war dann auch recht nett. Wir sind so über den Campus gegangen, den ich ja noch nie ganz und auch nicht bei Tag gesehen habe. Er ist schon groß und auch schön angelegt, aber meiner Meinung nach zu teuer und an vielen Stellen unpraktisch. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, dass sich Studenten zum Lernen wo hinsetzen. Und man startet dort einen Uni-Betrieb ohne eine Bibliothek zu haben. So weit ist das Internet dann auch nicht zugänglich, dass es eine Bibliothek ersetzen könnte. Im Uni-Gelände gibt es noch ein paar kleine Läden. Zwei recht große Sportplätze haben sie. Außerhalb der Uni gibt es noch eine kleine Ladenstraße mit wenigen Läden, einigen Restaurants und einigen Internet-Cafes. Das war’s dann aber auch. Busse in die Stadt direkt gibt es nicht, man kann aber zum alten Campus fahren, aber nicht jede Stunde. Der Student hat gemeint, dass Computerspiele die beste Freizeitbeschäftigung wären. Bei dem Angebot dort könnte man dem beinahe auch zustimmen. – Wir sind zusammen essen gegangen. Danach musste ich noch etwa zwei Stunden auf den Bus warten, da wollte ich dann schon seine Wohnung sehen. Er hat sich ja sehr gesträubt, was ich nicht eingesehen habe. Am alten Campus konnte ich ja auch in Studentenwohnheime, kann mir nicht vorstellen, dass das nicht legal wäre. Ich glaube, er fürchtet, er wäre da dann nicht mehr der wichtigste, wenn ich mit seinen Kommilitonen spreche. Es gibt schon wirklich viele verwöhnte Einzelkinder bei den Chinesen. Die anderen Studenten haben sich aber auch gefreut, und es war eine nette Unterhaltung.

Männlein und Weiblein wohnen natürlich in verschiedenen Gebäuden. Studentenzimmer dort sind auch nicht viel größer als am alten Campus. Drei oder vier Studenten wohnen und lernen da in einem Raum, der vielleicht 2.5 – 3 Meter x 8 Meter groß ist. Das einzige Waschbecken ist am Balkon, zum Klo (wahrscheinlich auch die Klo-Dusch-Kombination) ist der Eingang auch am Balkon. Das finde ich schon recht spartanisch.

Auf dem Campus in einem Buchladen sah ich auch eine Zeitschrift mit einem großen Bild von Johannes Paul II auf dem Titelblatt, auch ein wirklich freundliches Bild. Ich habe den zugehörigen Artikel gefunden, es gab Photos der Trauerfeierlichkeiten und noch ein paar andere Bilder von ihm. Da sagt doch der Student, der Artikel wäre über Politik. Ich habe gemeint, das kann nicht sein, er hat es aber noch mal bekräftigt. Es ginge um das Taiwan-Problem. Irgendwer ist gestorben, und man hofft, dass es nun auch Entspannung und Lösung bei der Taiwan-Frage gibt. Anscheinend stand so was in der Überschrift. Ich habe mir das Heft gekauft und Kollegen gegeben, die sollen es mal durchlesen und mir sagen, was da nun genauer drin steht. Da bin ich schon gespannt.

Am Sonntag hatte ich im wesentlichen damit zu tun, den Ausfall meiner Computermaus zu beheben. Ich verstehe ja nicht, warum die in letzter Zeit ein paar Mal plötzlich nicht mehr reagiert hat. Immerhin, ich glaube, wenn es wieder passiert weiß ich nun, wie ich sie wieder in Gang bringe, ohne alles kurz und klein zu schlagen. – Ich war dann noch in der Stadt und habe ein bisschen eingekauft, dann habe ich mir die Papstmesse angehört. Sie hat mir schon gefallen. Der Ratzinger hat einige Zeichen gesetzt und Symbolik eingesetzt, die man ihm nicht zugetraut hätte. Ich habe leider nicht so viele internationalen Kommentare darüber gelesen, habe aber den Eindruck, dass er seinen Start-Malus schon weit gutgemacht hat. Bin gespannt, welche echten Aktivitäten es nun gibt und was er in die Wege bringt. – Als Landsmann steht er einem aber wirklich viel näher. Ich könnte mir gar nicht vorstellen, dass er jetzt an der Position ist, die man mit „Eure Heiligkeit“ anspricht.

Am Dienstag war ich dann wieder am neuen Campus, da musste ich aber eine Vorlesung halten. Recht junge Studenten, Vordiplom oder  was Entsprechendes hatten sich gewünscht, dass ich eine Vorlesung über Krebs halte. Das wäre für sie immer noch etwas sehr eigenartiges und unverständliches. Dann habe ich da also eine Vorlesung auf recht einfachem Niveau zusammengestellt. Wie viel sie verstanden haben, weiß ich nicht.

Am zeitigen Nachmittag war ich dann in einer Vorlesung über Unterschiede zwischen chinesischer und westlicher Kultur. Ich glaube, es ist eher ein Englisch-Unterricht, mit dem Thema aber recht interessant. Allerdings wird da schon sehr viel chinesisch gesprochen, was so ein fortgeschrittener Englisch-Unterricht eigentlich nicht brauchen sollte. Zum Teil waren es ja Klischees, was vorgestellt war: z.B.: wie die Treppenreinigung im Haus geregelt ist. Demnach sollte es in Deutschland dafür geschriebene Abmachungen geben, Amerikaner treffen sich, sprechen sich ab und haben eine mündliche Abmachung und Chinesen putzen einfach ohne jede Abmachung und denken, es wird die anderen schon motivieren. Ich hatte für die Hausordnung in Deutschland noch nie eine schriftliche Regelung, und hier in China habe ich das Gefühl, ich bin der einzige der putzt und die Chinesen sehen mich dabei an als wäre ich verrückt. Was dann aber zutreffender war: Ein chinesischer Professor braucht ein Buch aus einer anderen Universität in seiner Stadt. Weil er nicht weiß, ob und wie er das Buch da bekommt, hört er sich um und ist froh, wie er erfährt, dass ein Student seiner Fakultät in der Bibliothek dort einen Aushilfs-Job hat. So kommt er leicht an das Buch. Ein amerikanischer Professor in der gleichen Situation wird in der anderen Uni anrufen, fragen, ob es besondere Formalitäten für ihn zum Ausleihen gibt, fährt dann hin und leiht sich das Buch. Das Beispiel trifft die Situation schon wirklich gut. Mit solchen persönlichen Verbindlichkeiten geht es aber weiter. Da war eine Geschichte, dass ein chinesischer Student eine gute Stelle an einer amerikanischen Uni bekommen kann, dort auch unterrichten muß. Die Uni bittet um eine Kassette mit einer Sprachprobe von ihm. Da sein Englisch nicht gut ist, bittet der Student einen anderen, recht fernen Bekannten (Cousin vom Zimmergenossen), das Band doch für ihn zu besprechen, was der auch ganz selbstverständlich tut. Auf die Frage warum, antwortet er, weil es ja ein Bekannter ist, den man nicht enttäuschen will; außerdem hat diese Familie seiner Mutter, wie sie krank war einen Platz in einem guten Krankenhaus besogt, den sie sonst nicht bekommen hätte. – Einige Studenten im Kurs fanden dieses Verhalten auch ganz normal.

Am Dienstag Abend kamen dann auch meine Zellkulturen aus Amerika. Sie wurden nach Hongkong geliefert und von da geschmuggelt. Es ging aber gut. Allerdings habe ich das Gefühl, dass eine kontaminiert ist. Sicher bin ich noch nicht. Da wachsen die Zellen aber auch nicht recht. Ich will mal sehen, wie es morgen aussieht und werde dann wohl auch die Versender in Amerika kontaktieren müssen.

Nun wird es schon recht schwül-warm hier, ich denke aber, es ist erst der Anfang. Mit meiner Wohnung habe ich da wirklich einen Glücksgriff getan. Anscheinend habe ich nie die direkte Sonne im Zimmer, obwohl es so hell ist. – Nächste Woche wird eine Woche lang der erste Mai gefeiert (anscheinend muß man aber zwei Tage davon nacharbeiten). Ich werde trotzdem überwiegend hier sein und mich um die Zellen kümmern. Dafür nehme ich sonst mal frei, vielleicht fahre ich in der zweiten Maihälfte nach Tibet.

Posted on: 28. April 2005Manfred Maitz