China 23.05. – 05.06.2005

Letztes Wochenende am Sonntag habe ich einiges aufgearbeitet, einige Schreibarbeiten gemacht. Seitdem ich die Zellkultur im Labor habe, bin ich hier schon auch ganz schön eingespannt. Den materialwissenschaftlichen Versuch überwachen, Vorlesung vorbereiten, und Ergebnisse publizieren habe ich ja noch recht gut unter einen Hut gebracht. Nun bringe ich ja Studenten die Zellkultur bei. Die arbeiten natürlich noch wesentlich langsamer als ich, und drängeln darf ich ja auch nicht, das würde auf die Qualität gehen. Immerhin habe ich so immer Leute, mit denen ich Mittagessen gehe.

Die Vorlesung für dieses Semester ist bald zu Ende. Ich war ja sehr stolz, dass ich inzwischen schon die restlichen Vorlesungen vorbereitet habe und wenigstens das keine Zeit mehr in Anspruch nimmt. Dann hat man mir diese Woche aber gesagt, dass ich über meine Vorlesung auch eine Prüfung abhalten muß. Das ist eine Bestimmung der Universität. Ich bin ja gar nicht glücklich darüber, dass ich mich da so als Prüfer aufspielen soll. Eine mündliche Prüfung ist anscheinend nicht zulässig. Ich kann von den Studenten nicht verlangen, dass sie englische Aufsätze in der Prüfung schreiben. Anders kann ich es aber nicht korrigieren, das müsste wer anders machen, was ich auch nicht will. Da hätte ich ja keinen Überblick über die Punktevergabe. Also habe ich mich für einen Multiple Choice Test entschieden, wie ich ihn ja auch immer im Staatsexamen hatte. Die Prüfung soll 2 Stunden dauern, ich will denen 3 Minuten pro Frage lassen (ich denke, das ist sehr großzügig), da brauche ich da schon 40 Fragen. Da sie so einen Test vermutlich noch nie hatte, will ich ihnen auch ein paar Fragen zum Üben geben und also so um 50 Fragen vorbereiten. Daran sitze ich nun schon den ganzen Tag. Gut 10 Fragen brauche ich noch. Immerhin wird die Prüfungs-Auswertung dann sehr einfach und schnell.

Letzten Sonntag Abend war der Theater-Abend der Sprach-Studenten. Ich hatte das ja nicht richtig verstanden und gedacht, nur die Germanisten würden etwas spielen. Es waren aber vier Gruppen, jede durfte 20 Minuten spielen. Ich war bei den Juroren, die das Stück insgesamt, einzelne Schauspieler, Kleidung, Kulissen und Musik beurteilen mussten. Zuerst hat die Französisch-Gruppe den Geizigen von Molière gespielt. Das war so Niveau von Schultheater. Ich war damit zufrieden und habe gut mittelmäßige Noten gegeben. Dann kam die Englisch-Gruppe. Das Stück habe ich nicht gekannt. Vom Schauspielerischen her war es wesentlich besser als das Französische. Ich habe aber bei der Handlung nicht durchgeblickt; irgendwie waren es mehrere Teile, die kein geschlossenes Ganzes gebildet haben. Wenn ich die chinesische Ansage verstanden hätte, wäre es vielleicht leichter gewesen.

Dann kam die Deutsch-Gruppe mit Carmen. Das ganze Stück in 20 Minuten zu spielen ist schon eine Kunst. Die Zigeunerinnen, besonders die Carmen, mit langen roten Kleidern haben schon sehr schön gespielt und getanzt. Den Hossai hat sie auch gut bezirzt. Nicht schlecht gespielt war auch die Szene, wie Hossai zu seiner Verlobten und ihrem Vater ging. Allerdings war die Generals-Uniform vom Vater vielleicht chinesisch, aber sicher keine europäische Uniform. Die Spelunke, wo Carmen mit einigen Freunden saß war auch gut. Wie Carmen gefragt hat, ob er denn wirklich alles aufgeben will, hat Hossai nach einigem Zögern „o.k.“ gesagt, wo es uns deutsche Zuschauer ja schon gerissen hat. Sein Gegenspieler und der Stierkampf waren dagegen recht blass. Das auszuarbeiten hat aber auch die Zeit gefehlt. Das berühmte Motiv von „Auf in den Kampf, Torero“ wurde nur einmal knapp gespielt. So hätte ich mir das Stück insgesamt schon noch ein bisschen feuriger vorgestellt, es war aber so schon sehr gut.

Danach kamen die Japanisch-Studenten. Das Stück habe ich weder gekannt, noch verstanden. Es war aber sehr schön gespielt, die Kleider waren schön und es wirkte sehr poetisch. Da ich da am wenigsten voreingenommen war, habe ich dem am meisten Punkte gegeben.

Die Gesamt-Auswertung war aber anders als ich bewertet habe, und die Deutschgruppe war praktisch in allen Disziplinen der Gewinner. Das hat mich dann schon auch gefreut, besonders auch, weil ich es nicht so auf reine Parteilichkeiten schieben konnte (deutsche Juroren waren am meisten stärksten vertreten). Es gab dann noch eine Ansprache der Dekanin (in sehr gutem Englisch), dann war es aus.

Von der ganzen Vorstellung hätte ich ja gerne Photos gemacht. Ich habe die Kamera mitgenommen, extra frisch aufgeladene Akkus dabei gehabt. Wie ich die Kamera eingeschalten habe, hat sie gesagt, dass kein Speicherchip drin ist. Den hatte ich im Computer gelassen.

Für dieses Wochenende habe ich direkt keinen Ausflug geplant. Ich hatte Euch ja mal von dem lästigen Studenten erzählt, der auf dem neuen Campus ist und sich beklagt, dass Computerspiele das beste ist, was man tun kann. Der will mehr Kontakt mit mir haben und gute Freundschaft haben. Ich hatte ihm ein paar mal gesagt, was man alles hier ansehen kann und um nur daheim zu sitzen und zu sagen „mir ist langeilig“ ist mir meine Zeit zu schade. Da wollte er für dieses Wochenende etwas aussuchen, hat sich aber nicht gemeldet. Mal sehen, morgen will ich dann eigentlich schon wo raus fahren. – In die Stadt zum Einkaufen sollte ich aber eigentlich auch mal.

Mit meinen Kakerlaken hatte ich ja gedacht, dass ich einigermaßen Ruhe habe. Ich hatte im Bad eine größere und in der Küche eine größere erschlagen. Ein paar kleine habe ich im Bad noch so zerquetscht. Dann habe ich aber öfters in meiner Küche, auf dem Waschbecken, bei meiner Zahnbürste und so eine Riesenkakerlake gesehen, so Größenordnung von Gregor Samsa. Da hat es mich schon gegraust. Die war auch immer so schnell, dass ich sie nicht erschlagen konnte. Irgendwann habe ich gesehen, dass es tatsächlich zwei sind. Eine habe ich diese Woche nun doch erwischt und erschlagen und bekam dann den Ehrgeiz, auch die zweite zu killen. Heute habe ich zufällig im Supermarkt einen Insektenspray gesehen und auch gleich geschaltet. Den gibt es hier ja in Riesendosen. Da habe ich nun mal in meine Fliesenfugen und in ein paar schwarze Ecken gesprüht – und tatsächlich, wie ich gerade am Schreiben bin und mal nachgeschaut habe, ist der zweite Risenkakerlak aus seinem Verschlag herausgekommen um frische Luft zu schnappen. Ich habe ihm eine richtige Ladung draufgesprüht, das hat fast so schnell gewirkt wie das Erschlagen. Mal sehen, ob ich nun meine Ruhe habe.

In den letzten Tagen war das Internet wieder etwas ein Trauerspiel, habe e-mails erst sehr spät abrufen können.

Posted on: 5. June 2005Manfred Maitz