China 24.06. – 30.06.2005

Außer großer Hitze ist hier nicht sehr viel los. Marionetten- oder Stabpuppentheater gab es nicht. Ich hoffe ja, es wird dieses Wochenende was. Ich denke, da werde ich auch noch andere Studenten motivieren müssen, damit sich etwas bewegt. Irgendwie fühle ich nun schon die Zeit davon laufen. Den Juli bin ich ja praktisch nicht da, dann bleiben gerade noch 3-4 Monate. Halbzeit war also schon deutlich.

Letztes Wochenende bin ich nur ein bisschen in der Stadt gebummelt, war wieder auf dem Kunstmarkt. Mir hat aber kein Bild so recht gefallen. Auch das übrige Zeug, das man kaufen könnte, reizt mich nicht so sehr. Was mir ja immer wieder gefällt, sind die Steine, auf denen die chinesischen Schreiberlinge ihre Tinte haben. Meist so eine gut handgroße flache Fläche, zum Rand gibt es einen Graben und geht dann noch mal hoch. Sie sind meistens sehr schön verziert. Ich muß so was doch mal photographieren. Die schönen werden dann aber doch recht teuer und schwer im Gepäck sind sie natürlich auch. Wenn ich so was hätte, könnte ich es auch höchstens als Untersetzer für mein Teeschälchen benutzen. Ich werde sie mir also doch nur noch ein paar mal anschauen.

Am Sonntag habe ich dann mal Fernbus-Verbindungen im Internet studiert. Ich will ja schon auch mal allein weiter rumkommen. Manche Zielorte klingen nach Internet-Beschreibung auch interessant, andere weniger. Von welchen Bushaltestellen man losfahren muss, habe ich jetzt glaube ich verstanden. Falls es dieses Wochenende nichts mit Puppentheatern wird, werde ich so was versuchen.

Am Sonntag war ich dann noch in er tibetanischen Straße hier in Chengdu. Da ist ein Geschäft mit Tibet-Artikeln neben dem anderen. Es war recht schön anzuschauen, auch da ist aber nichts, was ich brauche. Ein andermal vielleicht mal ein Hemd.

Am Montag war dann das berühmte Examen. Ich hatte ja erlaubt, dass die Studenten ihre Unterlagen benutzen. Sehr eifrig gelernt müssen sie trotzdem haben. Es war wohl schon eines der schwierigeren Examen, die sie im Semester so haben. Eine interessante Perspektive ist es schon, als Aufseher und Lehrer im Prüfungsraum zu sein, welche Gesichter die Leute machen, wenn sie angestrengt nachdenken. – Mit dem Ergebnis bin ich eigentlich recht zufrieden. 40 Fragen waren es ja; je ein Student hat 36 und 35 richtige Antworten; 30-33 war praktisch gleich verteilt und eine hat nur 26 richtige Antworten. Bei einer direkten Umrechnung in Prozent wäre das ja schon recht bescheiden. Ich habe mich aber erinnert, dass bei unseren Staatsexamina die beste Note auch einen viel weiteren Bereich hatte, also nicht erwartet wird, dass alle Fragen richtig beantwortet werden. So habe ich auch beschlossen, bei 10% falschen Antworten immer noch 100 Punkte zu vergeben. Darunter wird es gleichmäßig aufgesplittet bis zu den 8 richtigen Antworten, die man ja alleine durch die Statistik schon bekommt. Bei dieser Aufteilung hat jeder das Examen bestanden, die Punkte streuen auch schön, so dass es schon einen Anreiz gibt, mehr zu lernen. Meinem Gefühl nach entspricht das Ergebnis auch wirklich dem Wissen. – Heute hatte ich mit den Studenten noch mal eine Ergebnis-Besprechung, und sie sind mit dem Ergebnis so auch zufrieden.

Das Internet hier hat mir in der letzten Zeit wieder ziemlich zu Schaffen gemacht. Ich habe das Gefühl, China filtert nun immer fleißiger. Ich bin ja gespannt, wann ich keine PGP Mail mehr verschicken kann. Der eBay Kauf am Wochenende hat so unheimlich lange gedauert. Benutzung von verschlüsselten Seiten klappt oft gar nicht. Ich nehme auch an, dass ich deshalb meine Daten vom Steuerbescheid nicht elektronisch herunterladen konnte. Ich setze ja nur wenige Passwörter ein, die kann ich mir auch senilkonfus noch merken. – Einige Bekannte haben e-Mail Adressen bei freenet.de. Dahin kann ich keine Mails schicken. Es gibt immer einen ungewöhnlichen, aber vernünftigen Fehlercode (e-Mail von Empfänger abgelehnt). Ich dachte, freenet hat wohl einen Spamfilter, der automatisch alle e-Mails, die aus China kommen ablehnt; welcher vernünftige Mensch bekommt schon mails von da? Dann wollte ich an die Dienstadressen schreiben und habe mich entschuldigt, dass ich an die freenet-Adresse nichts schicken kann, das wird immer abgelehnt. Auch die Mails gingen nicht, was mich noch mehr gewundert hat. Nach ein paar Tagen kam ich drauf und habe statt „freenet-Adresse“ mal „private e-Mail Adresse“ geschrieben. Da gingen die Mails sofort weg. Die Mails werden also wirklich systematisch elektronisch gelesen, und das Wort freenet klingt zu sehr nach Anarchie.

Posted on: 30. June 2005Manfred Maitz