China 08.12. – 14.12.2006

Am Donnerstag Abend werde ich mit einem Studenten, Liu Yurong, nach Xiamen fliegen. Die Stadt liegt im Südosten Chinas (da ist’s wärmer) und in der Heimatprovinz des Studenten. Wir bleiben da und in der Stadt des Studenten übers Wochenende, da gibt es einiges zu sehen (und zu essen), und man organisiert extra ein chinesisches Puppentheater für mich.Mit Yurong war ich im letzten Jahr auch in Shanghai. Ich finde, es ist der fleißigste und beste Student hier überhaupt, zumindest von denen, die auch Englisch sprechen, und mit denen ich zu tun habe. Er hat sich um eine Doktorandenstelle in Irland beworben (mich freut ja, dass er nicht ins kulturlose Amerika will) und mich als Referenz angegeben. Ich wurde um ein Gutachten gebeten, und eine Woche später hat der Student die Zusage aus Irland gehabt. Er ist ganz glücklich. Die Iren schreiben, wenn es irgendwie geht, soll er dieses Jahr noch anfangen. Ich mir das ja nicht vorstellen, er muss ja erst noch das Visum bekommen und dann den Flug buchen. Da passt ihm die Heimreise auch recht gut ins Konzept. Er wollte den Flug auch selbst zahlen, ich meinte aber, dass ich ihn ja als Reiseleiter angeheuert habe, und dann zahle ich seinen Flug. Bevor er sein erstes Doktoranden-Gehalt bekommt, muss er noch viel Geld hinlegen.Dann geht es aber dahin mit den Doktoranden, mit denen ich letztes Jahr zusammen war. Der eine hat kurz nach meiner Abreise eine Doktoranden-Stelle in Amerika bekommen. Die kleine Chinesin fängt Anfang nächsten Jahres in der Nähe von Shenzhen in einem Forschungslabor in der Industrie an. Eine andere wird auch bald mit ihrer Master-Arbeit fertig, ist aber noch auf Stellensuche. Der Student Xia Ding, mit dem ich auf dem Tao-Berg Qing Cheng Shan war, macht gerade ein Praktikum in einer Firma bei Chengdu, er will aber auch nach Amerika. Nun, das haben Unis so an sich, dass die Studenten weggehen. Falls ich aber nächstes Jahr Anfang Oktober wieder hierher komme, wird Ian Brown wieder da sein, mit dem ich ja 2002 vier Wochen hier verbracht habe. Huang Nan hält eine Konferenz, zu der Ian auch kommen will. Wir müssen unsere Reisen noch koordinieren.

Einer meiner Kollegen hier, ich kenne und mag ihn schon von Anfang an, ist seit einigen Monaten krank, es geht ihm aber schon besser. Im nächsten Jahr wird er wieder voll arbeiten, bisher unterrichtet er nur auf halber Leistung. Am Freitag Mittag rief er mich an, ob ich Zeit hätte, mit ihm Essen zu gehen. Das hatte ich, da habe ich mich gefreut. Ich wollte Ziegen-Hotpot, wie schon mal (davon kann ich die Studenten nie recht überzeugen), das aßen wir auch. Ihm hatte ich als Geschenk Elisen-Lebkuchen in einer schönen Dose mit Spieluhr mitgebracht. So etwas hat er noch nicht gesehen. TeahouseDie Spieluhr hat er ungefähr so oft aufgezogen wie der kleine Maxl die seinige und hat sich darüber genauso gefreut. Ich musste da schon ein paar Mal schmunzeln. In der Blechdose klingt die Spieluhr allerdings schon auch recht blechern. Danach waren wir in einem Teehaus. In der Nähe haben gleich zwei Gruppen ihre Mittags-Gymnastik mit Musik gemacht. Es war eine recht angenehme Temperatur. – Ich hatte für den späten Nachmittag sowieso noch vor, in die Kunstgalerie zu gehen. Das machten wir dann gleich zusammen. Die hat ja auch eine Verkaufsausstellung. Ich suche ja immer noch ein klassisches Schwarz-Weiß Gemälde mit Bergen, Wolken, Wasserfall. Das ist ja so das klassische Motiv in der chinesischen Kunst. Dieses Mal gab es da gar nichts, was mir gefallen hätte. Sonst sind mir die Bilder immer entweder zu teurer, oder sie gefallen mir nicht, oder beides. Danach waren wir noch in der aktuellen Ausstellung der Galerie. Zur Zeit haben sie jüngere russische Malerei. Mein Geschmack war es ja nicht so recht, der Kollege ist aber vor manchen Bildern sehr lange stehen geblieben.

Danach fuhren wir zum Wuhou Tempel, der mit JinLi Lu auch eine historisch gemachte Anlage außen herum hat. Wir dachten, dass ich jetzt zum kommenden Jahr des Schweins da Schweine-Gemälde kaufen kann, wie mein Gockel-Bild und das Hunde-Bild, das ich von Studenten bekam. Schweine-Bilder, wenn überhaupt, gibt es aber nur ausgesprochen kitschig, aber nicht als Gemälde. Der Kollege meinte, ein Schweinchen-Gemälde hätte er auch noch nicht gesehen. Es hat aber auch so Spaß gemacht, mal wieder durch die Läden zu gehen. Ein paar interessante Snacks haben wir da noch gegessen. Weil es dann noch nicht richtig spät war, fuhren wir noch in die Qintai Lu, die eine historische Straße, die mir schon im letzten Jahr so gut gefallen hat. Sie hat sich so eigentlich nicht verändert. Auch die Läden waren weitgehend noch die gleichen. Auch da sind wir praktisch überall durchgegangen. Schweinchen-Bilder gab es da auch nicht, aber Gockel-Gemälde. So vermute ich nun, dass mein Gockel gar nichts mit dem Jahr des Hahns zu tun hat. Schöne Berge-Wolken-Wasserfall-Bilder gibt es da als Brokat-Stickerei, auch zu einem recht akzeptablem Preis. Ich bin da noch am überlegen. Brokat-Stickerei hat in Chengdu Tradition, das Bild ist auch viel besser als ein Original, auch wenn es doppelt so viel kosten würde. Nur gibt es das gleiche Bild in dem Laden in verschiedenen Größen nebeneinander. Wenn ich das kaufen würde, als würde ich die Mona Lisa als Seidenmalerei-Remake kaufen. Die Vorstellung hält mich schon irgendwie ab.

Etwas weiter vor einem Teeladen gab es eine Vorstellung über das Einschenken von Tee. Ich hatte das im Rahmen so einer Touristen-Vorstellung schon einmal gesehen, aber nicht so von einem Teeladen organisiert und so aufwändig. Die Artisten mit extrem langem Ausgießer, damit jonglieren sie eifrig und schenken dann aus den eigenartigsten Verrenkungen den Tee (kaltes Wasser) ein. Wie ich das erste Mal hier war, habe ich mir gedacht, so eine Kanne brauche ich mal. Sie haben unterschiedliche Vorstellungen gezeigt, Solo und als Paar, Männer und Frauen. Die Frauen-Gewänder waren eigentlich noch schöner als die der Männer, da ging meiner Kamera aber die Batterie aus. Ich hätte sonst noch viel geknipst. Zwei Frauen haben dann noch einen traditionellen „Tanz“ aufgeführt, der nur aus Fingerbewegungen besteht. Ich war ja beeindruckt, dass die beiden bestimmt über 15 Minuten ohne sich anzusehen zur Musik genau die gleichen Fingerbewegungen machen. Inzwischen weiß ich, dass jede Bewegung und Handhaltung eine genaue Bedeutung hat. Sie haben so vielleicht eine Geschichte erzählt, was ich (und der Kollege) nur nicht verstanden habe.

Wie sind dann gegenüber Abendessen gegangen. Die Artisten haben die ganze Zeit noch weiter gemacht, am Schluß haben sie aber offensichtlich gespielt und geübt. Wir sind dann zu ihnen hin, ich habe so eine Kanne auch mal in die Hand genommen (die Kanne, die sie da zum Üben hatten war sehr verbeult), habe aber natürlich die Eleganz nicht geschafft. Die Kanne liegt aber recht angenehm und gut balanciert in der Hand. – Vorrätig haben sie keine, man kann sie aber für gut 20 Euro da bestellen. Wie gut, dass ich sie im Flugzeug nicht transportieren kann. Aber wer weiß, auf welche Ideen ich nächstes Jahr komme…

In einem tibetanischen Laden waren wir noch recht lange, der Inhaber ist Tibeter, und mein Kollege hat ein Fable für diese Minderheit. So haben wir uns da recht lang unterhalten. Dann fuhren wir aber heim.

  1. Dezember 2006

Am Samstag habe ich mich dann mit dem Studenten Xia Ding getroffen, mit dem, der zur Zeit in der Nähe von Chengdu ein Praktikum macht. Mit ihm bin ich zuerst in die Stadt zur Air China Niederlassung gefahren. Ich habe ja Bedenken, dass mein Aufenthalt in Peking beim Rückflug zu knapp ist, besonders, wenn in Chengdu Nebel ist, Flüge ausfallen oder verspätet sind. Ich wäre ja im Prinzip schon gern den Abend vorher losgeflogen, das hielt man da aber nicht für nötig. Man hat mich nur auf eine Stunde früher am gleichen Tag umgebucht. Wird schon klappen.

Letter BoxDanach fuhren wir zum Wenshu-Tempel. Den hatte ich ja mal zufällig gefunden und habe ihn als Geheimtipp behandelt. Darin gibt es auch das vegetarische Restaurant, das das viele nachgemachte Fleisch hat. Nun gibt es außen herum einen großen historisch nachgemachten Bezirk. Der ist natürlich recht touristisch, und der Tempel bleibt kein Geheimtipp mehr (er stand wohl vorher schon in einigen Reiseführern). Der Bezirk ist sehr schön gemacht. Ich finde es ist eine recht gute Balance zwischen historischem Stadtbild und Kommerz. Wir sind fleißig durchgegangen. Ich habe ein bisschen nach Mitbringsel für Kollegen und Freunde geschaut. Da habe ich auf einmal ein Buch, eigentlich ein Gemälde vom alten Chengdu gesehen. Das hat mir ausgezeichnet gefallen, ich habe es gleich gekauft und alle Mitbringsel sein lassen. Ich habe es auch schon mehreren vorgeführt, so stolz bin ich darauf.

ancient ChengduIn der Anlage gibt es auch so eine Photo-Ausstellung vom alten Chengdu. Die war recht interessant. Leider waren die Beschriftungen nur auf Chinesisch, aber ich hatte ja meinen Übersetzer dabei – Viel hergegeben haben die Beschriftungen aber auch nicht.

Ein Anwesen ist auch mit historischer Einrichtung aufgebaut worden. Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich so was gesehen habe, gefallen tut es mir trotzdem immer wieder. Nicht nur Gäste- und Wohnräume wie links und rechts, auch Eltern-Schlafzimmer, Zimmer von Sohn und Tochter waren da. Der Sohn wurde mehr westlich erzogen, entsprechend war das Zimmer eingerichtet, z.B. mit diesem Jugendstil-Schrank.

Zum Essen sind wir in den Tempel in das vegetarische Haus gegangen. Es hat mir wieder sehr gut geschmeckt, waren aber auch viele Leute da, vielleicht mehr Touristen als sonst. Der Service lässt leider etwas nach, was aber auch an der Zahl der Gäste liegen kann. – Nach dem Essen sind wir noch so etwas über das Gebiet gegangen – es ist wirklich recht groß. Wir haben noch ein paar Snacks gegessen, die recht ungewöhnlich und verlockend waren.

Pi Ying Xi - SchattentheaterDann gab es da auch ein chinesisches Schattenpuppen-Theater. Da musste ich natürlich hin, obwohl ich schon erwartete, dass es nur eine 20-Minuten-Vorstellung für Touristen ist. Die Dame hat eine große Einführung gegeben, dass sie aus einer traditionsreichen Puppenspieler-Familie ist. Die Puppen sind alle individuell angefertigt, die Spielweise ist auch etwas Besonderes. Einen internationalen Preis (ich glaube in Wien) haben sie auch gewonnen. Das erste Stück war dann ein 5-Minuten-Stück im Stil der Sichuan-Oper von einem Helden, der auch in Chengdu war. Es war recht schön gespielt, ich fand das in Xi’An damals aber besser. – Danach kam ihre eigene Kreation, Disco-Tanz, was nun wirklich mein Geschmack war. Wie in Xi’An durfte ich auch selbst noch ein bisschen probieren.

Wir haben uns dann mit der Schauspielerin ein bisschen unterhalten. Ich wollte ja wissen, ob denn alle Stücke so kurz sind, oder ob sie auch längeres am Repertoire hat und manchmal spielt. So recht hat sie da weder Ja noch Nein gesagt. Ein langes Stück wollen sich Touristen natürlich nicht ansehen. Ich meinte, ich habe mir auch schon vier Stunden eine chinesische Oper angesehen. Da sagte sie, eines ihrer Stücke dauert auch drei Stunden. Man kann so etwas ordern für eine Gesellschaft. Da kostet der Auftritt gut 100 Euro. Sonst ist der Hauptsitz des Familien-Unternehmens irgendwo weiter nördlich in Sichuan, fünf Fahrstunden von hier.

Dann waren wir noch im Sims Cosy Hostel,  einem Hotel mehr für Rucksack-Touristen, das auch ein Reisebüro v.a. für Tibet-Reisen hat. Ich habe auch nach dem Preis gefragt. Zwischen Bahn und Flug ist kein sehr großer Unterschied mehr. Die Bahnfahrt nach Lhasa dauert 1 ½ Tage, ein Zug geht jeden zweiten Tag und ist recht kurzfristig buchbar. Ich denke, das mache ich bei einem meiner nächsten Aufenthalte hier.

Am Sonntag Vormittag habe ich mit dem Studenten aber erst mal die Flugtickets für die Xiamen-Reise gekauft. Dann war es schon Zeit, dass ich wieder mal zu Frau Schwarz ging. Mit noch einer Deutsch-Studentin und ihrem Freund, einem Deutschen (vermutlich sogar einem Münchner) war ich bei ihr verabredet, wir wollten auf den Antiquitäten-Markt. So ganz gleich kamen wir natürlich nicht los, es gab erst etwas zu essen, und Frau Schwarz musste viel reden. Dann haben wir zu fünft ein Taxi genommen und sind zu dem Markt gefahren, den ich ja schon gut kenne. Seidene Kissenbezüge als Mitbringsel haben wir alle eifrig gekauft, wir konnten so auch noch einen kleinen Großabnehmer-Rabatt aushandeln. Dann sind wir über den Markt geschlendert, haben uns vieles ausgiebig angeschaut. Die Studentin wollte schon länger irgendein komisches silbernes Schaf. Mir hat es ja nicht gefallen, aber das ist Geschmackssache. Sie hat mit der Verkäuferin über den Preis gehandelt, wohl recht aktiv gehandelt. Die Verkäuferin ist dann richtig böse geworden, ist ihr nachgelaufen, hat sie angeschrieen und bedroht. Wir haben dann erfahren, warum: Sie dachte, diese Chinesin würde ihr gegenüber für uns Ausländer den Preis drücken. Das grenzt schon an Landesverrat. Die andren haben noch ein paar Gemälde, Tischdecken gekauft, Untersetzer angeschaut, was mich nicht so gereizt hat. Mir hat dagegen dieses Porzellan-Tablett mit Landschaft sehr gut gefallen. Da es 450 Yuan kosten sollte, wollte ich es nicht. Es gab dann noch mehrere ähnlich bemalte, oder auch figürlich bemalte. Das hier fand ich aber am schönsten. Wir sind noch mal vorbei gegangen und konnten den Preis auf 200 Yuan drücken. Das war’s mir dann schon wert, so habe ich sie gekauft.

Den einen Alten, der dolmetscht (auf einem Photo vom letzten Jahr ist er drauf) haben wir auch wieder gesehen. Wir alle haben ihn schon gekannt. Er ist wohl immer auf dem Markt und nur da. Von den Händlern bekommt er eine kleine Provision, von den Fremden, denen er dolmetscht verlangt er nichts. Dabei ist er recht unparteiisch, rät öfter zum Handeln und gibt auch Ratschläge über die Qualität der Ware.

Völlig überraschend trafen wir auf dem Markt noch Jürgen, den anderen deutschen Rentner aus der Deutschrunde. Er machte mit seiner chinesischen Lebensgefährtin hier einen Spaziergang. Wir haben uns dann hingesetzt und Tee zusammen getrunken. Dann haben sich unsere Wege wieder getrennt. Wir sind noch zu den Möbeln gegangen. Nur spaßeshalber, kaufen wollte keiner etwas, hat auch keiner etwas. Danach sind wir heim.

Posted on: 14. December 2006Manfred Maitz