China 28.09. – 04.10.2007
Hier hat das Wetter nun umgeschlagen. Die ersten Tage war es richtig warm, ich war viel zu warm angezogen. Ich glaube letztes Wochenende ist es dann aber plötzlich kälter geworden. Es hat in der Nacht immer geregnet und war sonst auch recht feucht.
Letztes Wochenende ist für die Goldene Woche vorgearbeitet worden; Samstag und Sonntag waren Arbeitstage. Am Montag, 1. Oktober hatte China seinen Nationalfeiertag. Dafür gibt es eine Woche frei, die aber zum großen Teil eingearbeitet werden muss. Am Samstag Nachmittag war ich mit Ian Brown etwas in der Stadt, auf dem Kunstmarkt. Gekauft habe ich dieses Mal nichts. Wir waren dann noch in einer anderen historischen Straße, die mir auch immer gut gefällt und sind dann mit dem Taxi heimgefahren. – Ursprünglich wollten wir am Sonntag Nachmittag auch etwas in die Stadt. Ich wollte Ian den Campus der Sichuan Universität zeigen, der viel schöner ist als unserer. Allerdings hat es mich da schon recht im Hals gekratzt, außerdem hatte ich einen steifen Hals, konnte die rechte Schulter kaum bewegen. Da blieb ich lieber im Büro sitzen. Ich glaube, geregnet hat es auch, war also kein so rechtes Bummel-Wetter. Später am Nachmittag kam ein chinesischer Kollege ganz begeistert: Er hat seine neue Wohnung ausgesucht. Die Uni baut zwei gewaltige Wohnblocks, zusammen über 600 Wohnungen mit gut 100 m2. Die werden subventioniert an Uni-Mitarbeiter verkauft. Der Preis ist für alle Wohnungen etwa derselbe, die Reihenfolge, in der man wählen darf ist aber abhängig von der Position in der Uni, Dauer der Uni-Zugehörigkeit, gesamte Berufsdauer usw. Er hatte eine sehr schlechte Nummer und war froh, überhaupt eine Wohnung zu bekommen. Da wurden sie dann nach ihren Nummern aufgerufen und jeder hatte zwei Minuten Zeit, eine Wohnung zu wählen. Er ist mit seiner Wohnung sehr zufrieden, sie ist viel besser als er es sich erträumt hat. Dafür wurden wir zum Abendessen eingeladen.
Danach wollte ich noch eine Massage haben, weil mit mein Nacken schon sehr weh tat. Ich meine ja, dass es kleine Massage-Salons ganz nahe bei der Uni gibt, die sind aber wohl zu einfach… Wir sind in die Stadt in ein Hotel gefahren, das einen Massage-Salon hat. Es gab lange Diskussionen, welches Massage-Programm und welchen Preis wir nehmen sollten. Eigentlich war mir ja nur der Rücken wichtig, nachdem Fußmassage in einem Paket mit dabei war, wollte ich die doch auch noch ausprobieren. Zuerst wurde Gesicht, Nacken, ein bisschen Arme massiert, während die Füße in irgendeiner Brühe einweichten. Dann hat die Masseuse sich sehr ausgiebig den Füßen gewidmet. Mit Streicheln hatte das aber nichts zu tun. Mir stand mehr der Schweiß auf der Stirn als ihr, so kräftig hat sie gedrückt. Die Rücken-Massage auf der Seite von meinem steifen Hals hat sie etwas sanfter gemacht, wie ich zu sehr gejammert habe. Insgesamt fand ich ja die Rückenmassage in Deutschland schon professioneller. Die Behandlung mit den heißen Steinen am Rücken fand ich noch gut. Dann bekam ich noch eine Spezialbehandlung. Da hatte man mich schon gewarnt, das wird blaue Flecken geben, die man wochenlang sieht und wird auch wehtun. Man darf die Behandlung höchstens zweimal im Monat machen. – Gab es beim Asterix nicht einen Aufseher der Galeeren-Sklaven? So jemanden habe ich erwartet, dass dafür kommt, die Behandlung hat aber die gleiche zierliche Chinesin gemacht, die mich auch sonst behandelt hat. Ich fand es auch nicht weiter schlimm. Mit irgendeinem scharfen Gegenstand hat sie über die Haut geschabt, bis es Einblutungen in die Haut gab, danach mit entspannenden Kräutern die Haut beruhigt. Ich vermute, die Abbauprozesse der erzeugten Zelltrümmer stimulieren die Durchblutung auch der darunterliegenden Muskulatur, wahrscheinlich auch das Immunsystem. – So gut ich mit meinem (immer noch) steifen Hals meinen Rücken im Spiegel ansehen konnte habe ich es getan. Es sah wirklich wild aus; es ist auch jetzt noch eindrucksvoll.
Insgesamt hat die Massage zwei Stunden gedauert und gut 5 Euro gekostet. Die Damen arbeiten 10 Stunden am Tag. Obwohl in China Trinkgeld nicht üblich ist, habe ich da ein recht üppiges gegeben.
Die kommende Nacht war furchtbar. Sei es, dass die Massage und Spezialbehandlung anregend gewirkt haben, sei es ein direkter Effekt von Erkältung und steifem Hals, ich konnte nicht einschlafen. Ich musste mich immer wieder umdrehen, dazu meinen Kopf in beide Hände nehmen, irgendwo hinlegen und dann nachrücken. Im Nachbarzimmer im Hotel hatte man bis zwei Uhr in der Nacht eine laute Unterhaltung; um drei Uhr hat jemand Sturm an meiner Tür geläutet um dann zu merken, dass er eine Tür weiter muss. Mir war in der Nacht mehr heiß als kalt, habe mir das kann trotzdem Fieber und eine echte Grippe sein und habe noch in der Nacht mein Grippemittel, was ich für den Fall der Hühnergrippe in China immer habe, angebrochen. – Irgendwann war die Nacht auch zu Ende.
Am Montag war der Nacken so, dass ich wieder am Computer arbeiten konnte. Ich muss ja noch einen Seminar-Vortrag vorbereiten. Am Abend kam ein Professor aus Erlangen (Physiker), den man hier auch als Projektpartner und guten Freund hält/ gewinnen will. Wir waren zusammen gut essen, wobei ich halt nicht so frisch auftreten konnte. Am Dienstag haben wir gleich in aller Frühe einen Ausflug zum Dujiangyuan Bewässerungssystem gemacht. Ich war vor Jahren schon einmal da. Die Gegend ist landschaftlich sehr schön und das System ist eindrucksvoll (ich habe es immer noch nur bruchstückhaft verstanden). Vor 3000 Jahren wurde es gebaut. Der Fluß, der sonst immer das Land überschwämmt hat ist anscheinend zum überwiegenden Teil großflächig umgeleitet worden; nur ein kleiner, kontrollierter Teil fließt in das Becken um Chengdu und wird über ein Kanalsystem zur Bewässerung genutzt. Die Niveaus der beiden Flußbette sind so gemacht, dass bei niedrigem Pegelstand alles Wasser in die Kanäle läuft und bei hohem Pegelstand der Umgehungsfluß gefüllt wird. Im Prinzip funktioniert es ohne Schleusen/Dämme, erst in junger Zeit hat man eine Staustufe eingebaut, mit der man noch etwas gezielter regeln kann. In Google Earth ist das ganze hier zu finden: N31 00 00.8 E103 36 36.9 – Natürlich gibt es in China an so einem Platz auch noch immer einen schönen Park und einen Tempel, was wir auch alles besichtigt haben (Der Mann aus Erlangen hatte Jetlag, hat immer wieder recht deutlich angedeutet, dass es ihm reicht, die Chinesen gaben aber nicht nach). Leider war das Wetter nicht gut. Den halben Tag hat es geregnet, danach war es trübe.
Auch danach sind wir nicht gleich heim, sondern noch zu einem riesigen Stausee gefahren. Ähnlich wie beim Dreischluchtendamm des Yangtze wird eine Bergformation genutzt, um den Fluß sonst wie hoch und 30 km lang aufzustauen und Elektrizität zu gewinnen. 10 000 Leute mussten dafür umgesiedelt werden. In Google Earth habe ich noch nicht geschaut, es müsste aber eindrucksvoll sein: N31 02 25.5 E103 34 36.3
Gestern waren wir in Chengdu. Zuerst im Jinsha Museum, das im Spektrum-Artikel beschrieben ist. In SanXingDui, was da auch immer wieder genannt wird war ich vor Jahren schon. – Eine der Ausgrabungsstellen ist überdacht, Touristen dürfen hinein, in der Nacht wird noch gearbeitet, wie es auch bei der Terrakotta-Armee praktiziert wird. Dann gibt es noch ein Museum, in dem Fundstücke gezeigt werden. Die Sonnenscheibe ist schon sehr schön; eindrucksvoll, wie die Vögel abstrahiert sind. Auch der Rest der Ausstellung war sehr gut. Wir hatten eine englischsprachige Führerin, so haben wir wirklich viel mitbekommen. Die Führung war auch gut, es war auch so alles weitgehend richtig eingeordnet. Wenn man aber mit Chinesen spricht bezeichnen die das immer gleich als ihre Geschichte und ihre Kultur, was nun viel weiter reicht als man bisher gedacht hat. Dabei sagt der Spektrum-Artikel (und auch die Führerin) ja ganz klar, das Gebiet hat damals nicht zu China gehört, und die Chinesen haben die Kultur damals ganz bewusst in ihren Aufzeichnungen ignoriert, obwohl sie nichts ausließen, was zu ihnen gehört hat (das hat die Führerin so nicht gesagt). Die Kultur ist auch einfach verschwunden, und niemand weiß was daraus wurde, sie wurde von China nicht assimiliert.
Danach waren wir im Wenshu-Tempel, wo es das gute vegetarische Restaurant mit den nachgemachten Fleischgerichten gibt. Außen herum ist ja ein für Touristen gemachter klassisch chinesischer Bereich aufgebaut. Man kann davon halten, was man will. Irgendwie ist er ja nicht schlecht, man sollte aber vielleicht strenger darauf achten, was für Läden hineinkommen. So verkommt das ganze doch recht zu Kitsch. Dem Erlanger hat jedenfalls alles gefallen, auch wenn er den Kitsch schon auch kommentiert hat.
Seit heute Abend ist nun die Konferenz. Mal sehen, vielleicht kann ich morgen in der Mittagspause die Mail wegschicken. – Mein Poster habe ich heute hier gedruckt. Das gang ganz problemlos. Am Vormittag die Powerpoint-Datei in einen Druck-Shop getragen und am Nachmittag hat mir eine Studentin das Poster schon gebracht, sogar laminiert. Gezahlt habe ich dafür knapp drei Euros. Der Druck ist allerdings nicht ganz so scharf, wie er bei uns wäre, weil die aus dem Poster erst ein TIFF-Bild gemacht haben, das sie dann gedruckt haben. Da sieht man halt etwas mehr Pixel.
Posted on: 4. October 2007Manfred Maitz