China 06.12. – 11.12.2008

Ich musste heute auf dem neuen Campus der Uni wieder für die Anfänger-Studenten eine Vorlesung halten. Sie war für ½ 8 Uhr am Abend angesetzt. Die Studenten haben danach noch sehr viel gefragt. Da ging es dann bis kurz vor 22 Uhr. Die Studenten haben sich da über die Jahre schon auch gebessert. Sie fragen jetzt mehr als deutsche Studenten. – Der Hörsaal war für mich toll geschmückt. Es gab sogar so ein feines rotes Banner, wo ich schon recht stolz war. Ich habe am Schluß meinen Chef gefragt, ob ich das denn behalten darf. Das geht aber nicht. Er meinte, vielleicht will die Uni es im nächsten Jahr wieder verwenden. Außerdem stimmt es nicht: Es steht noch drauf, dass ich im Forschungszentrum Rossendorf arbeite. Die Uni ist da nicht ganz auf dem Laufenden mit den Entwicklungen.

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Morgen Nachmittag werde ich nach Nanchang fliegen, und besuche dort die eine kleine Chinesin. Sie ist so geschäftstüchtig, dass mich ihr Institut einlädt und ich nichts zahlen muss. Dafür soll ich aber einen Vortrag halten. Auch das wäre normal ja kein Problem, wäre es ein wissenschaftlicher Vortrag aus meinem Forschungsbereich. Ich soll aber über die Forschungsorganisation und Struktur in Deutschland vortragen. Da muß ich mir erst ein Konzept erarbeiten und den Vortrag erstellen. Das ist schon einige Arbeit. Lieber hätte ich meine Reise ja selbst gezahlt. – Zurück komme ich am Montag Abend, bin also am Wochenende nicht zu erreichen.

Letztes Wochenende war ich in Chengdu in der Stadt. Eine andere frühere Studentin, die jetzt in Chongqing arbeitet kam nach Chengdu. Ich hatte ja gehofft, mich etwas länger mit ihr unterhalten zu können. Sie hat hier aber einiges zu erledigen und muß andere frühere Kommilitonen treffen. Da haben wir nur zusammen Mittag gegessen, mehr Zeit hatte sie nicht. – Ich bin dann auf den Kunstmarkt gefahren, den ich praktisch jedes Jahr mal besuche, und wo auch mein Gemälde mit dem Hahn her ist. Anscheinend schließt er im Winter schon eher. Um 5 Uhr haben die meisten Stände schon angefangen zuzumachen. In das Haus mit den Gemälden kam man gar nicht mehr hinein. Es war aber auch so wieder nett da durch zu gehen, einige Läden anzusehen ohne etwas kaufen zu wollen (das habe ich auch durchgehalten). Danach habe ich mich mit einem Kollegen zum Abendessen getroffen.

Am Sonntag Vormittag waren wir, der Kollege und ich in der Kirche. Er wollte auch mal eine katholische Messe sehen. Wir waren in der 10-Uhr Messe. Die Kirche war gut voll (und das war sie bei der Frühmesse auch schon. Insgesamt waren schon knapp 1000 Leute im Sonntagsgottesdienst). Adventskranz oder ein ähnliches Symbol gab es aber nicht. – Der Chinese war über die Predigt überrascht, dass da aktuelle Dinge gesprochen werden. Er dachte, es wird nur aus der Bibel vorgelesen.

RestaurantDanach waren wir aber in einem neu hergerichteten historischen Bezirk in Chengdu, der Breiten und Schmalen Gasse (Kuan-Zhai Xiang Zi). Da war ich sehr angetan. Man ist mit der alten Substanz sehr sorgsam umgegangen. Die Straße ist nicht als Touristenmeile aufgebaut. Hier waren in den 1930ern einige herrschaftliche HäuserOld House, die auch wieder entsprechend mondän hergerichtet sind. Dazwischen hat man aber auch Häuser im alten Stil und sogar einige einfache Garküchen behalten. Ein paar Häuser sind Museum, überwiegend sind in den Herrschaftshäusern jetzt recht edle Restaurants. Man zielt also v.a. auf Geschäftskunden ab und weniger auf Touristen, denen man billigen Plunder verkauft. Ob das Konzept aufgeht, weiß ich aber nicht. Hier waren viele Restaurants recht leer. Da kann die Wirtschaftskrise doch hineinspielen, das ganze ist aber auch noch zu jung um etabliert zu sein. Und vielleicht waren wir auch zur falschen Tageszeit da. – Ein paar Restaurants sind auch westlich. Das deutsche hat mich nicht überzeugen können. Sie haben zwar Weihenstephaner Bier, sogar dunkles Weißbier in der Flasche (nicht in der Dose). Deutsches Essen soll es aber nicht geben, die Einrichtung war nicht stilsicher und die Bedienung kam mehr als Witzfigur daher. Wir haben aber auch ein französisches Restaurant gesehen. Die Bedienung kann zwar kein Französisch, aber der Chef ist Franzose. Auch die Speisekarte hatte echt französische Gerichte. Da war es für mich selbstverständlich, dass ich den Chinesen mit seiner Frau einlade. Ich habe das Essen auch ausgesucht. Ein bisschen gesträubt haben sie sich ja, weil es schon viel teurer ist als das chinesische Essen hier. Außerdem sind sie ja den Umgang mit Messer und Gabel noch weniger gewohnt als wir den mit Stäbchen. Das Essen war sehr gut, wenn auch nicht ganz Spitzenqualität. Die Chinesen haben es aber sehr anerkannt. Sie meinen, dass viel feiner und komplexer gewürzt wird als bei ihnen und die Zubereitung sicher sehr viel Zeit braucht. Ich war zufrieden, dass alles so gut ankam. Meist wissen Chinesen ja nicht, was sie im Westen essen sollen, dann schmeckt es nicht und sie meinen, die westliche Küche wäre allgemein nicht gut. – Gezahlt habe ich etwa halb so viel, wie ich in Europa für das Menü zahlen müsste. Für China war das schon sehr teuer.

Schröpf-BehandlungAm Abend sind wir dann noch mal zur Chinesischen Massage gegangen. Ich hatte dieses Mal keine Fußmassage, sondern eine normale Ganzkörper-Massage. Überwiegend war es ja ganz angenehm. Bei der Rückenmassage kam ich aber ins Schwitzen. Die Dame hat so hemmungslos alle Verspannungen durchgeknetet. Sie meinte, oft knacken die Knochen dabei mehr, v.a. an der Halswirbelsäule. Das ist bei mir nicht. Da bin ich gesund. Allerdings fühlt sich bei mir alles recht fest an. Da konnte ich nur zustimmen. – Im Anschluß an die Massage habe ich mich noch schröpfen lassen. In die Gläser wird etwas Alkohol gesprüht, angezündet und dann gleich auf die Haut getan. Die Luft kühlt ab und zieht die Haut ins Glas. Dabei wird die Haut stark durchblutet, schon um Volumen zu geben. Die roten Flecken hat man noch lange gesehen; ich weiß nicht, ob sie jetzt noch da sind. Die Massage hat sicher genützt. Ob das Schröpfen positiven Effekt hatte, kann ich nicht sagen.

Im Labor war ich diese Woche auch sehr viel und fleißig. Zur Zeit sind ein paar österreichische Künstler auf dem Campus. Es gibt da ein Austausch-Projekt zwischen einer Wiener Kunstakademie und meiner Uni in Chengdu. Das weiß ich, das gibt es schon seit Jahren. Einen der Künstler habe ich in der Deutschrunde getroffen. Er photographiert, interessiert sich fachlich für Science Fiction. Da hat er gefragt, ob er denn hier mal ins Labor darf und photographieren. Ich habe nichts dagegen, die Chinesen waren auch einverstanden. So kam er diese Woche zwei Tage zu uns ins Labor und hat unsere Arbeit aus künstlerischen Gesichtspunkten dokumentiert. Er hat viele Photos gemacht, zum Teil mit tollen Objektiven. Viel extremen Weitwinkel. Er hat auch gefilmt und Zeitraffer-Filme gemacht, bei denen alle drei Sekunden ein Bild aufgenommen wird und die als Film zusammengesetzt werden. Er ist sehr zufrieden mit den Bildern. Ich habe sie noch nicht gesehen, bekomme sie aber auch auf DVD. Darauf freue ich mich. – Wie mein Chef hier meinte, wir müssen unsere Zusammenarbeit für die Uni auch mehr mit Photos dokumentieren, konnte ich ihn beruhigen, dass wir dieses Jahr bestimmt genug haben. – Der Künstler hat auch eine Homepage, die ich mir mal angeschaut habe. Da finde ich meine Wissenschaft wesentlich leichter verständlich als seine Kunst. Ich bin gespannt, was er aus unseren Sachen macht.

Anfang Februar bin ich auf einer Tagung in Wien. Ich habe ja gedacht, ich kann die Künstler da mal treffen, das wäre bestimmt nett. Sie kommen aber erst ein paar Tage danach aus China zurück. Seit Oktober sind sie hier und bleiben bis nach Weihnachten in Chengdu. Dann reisen sie noch einen Monat durch das Land.

Student partyStudentsAm Dientag Abend war die Studenten-Party auf dem neuen Campus. Leider konnte ich nicht bis zum Schluss bleiben. Die Studenten haben zum Teil sehr schön gespielt und getanzt. Die Professoren, die ein Auto haben und mich zum alten Campus mitnehmen konnten sind leider schon eher gefahren.

So, das war’s von der Woche. Nun gehe ich ins Bett, und nächste Woche am Donnerstag bin ich schon wieder in Deutschland.

Posted on: 15. December 2008Manfred Maitz